Familienriss

Mein Vater Rolf ist bis heute ein streitbarer Mensch. Politik, Macht und die Freiheit des Denkens bestimmen sein Leben und das unserer Familie. Seine Streitsucht hat auch mein Leben entscheidend geprägt. Die Lebensgeschichte meines Vaters, eines ewigen Dissidenten, hat ihren Ausgangspunkt in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Rolf, wie auch sein ein Jahr älterer Bruder Wolfgang, wird als Kind deutscher Kommunisten im russischen Exil in Moskau geboren. Die Eltern leben mit ihrer Tochter Waltraut im Lux, dem „Absteigequartier“ der kommunisten Internationale,
kurz Komintern. Hier leben zu dieser Zeit Kommunisten aus der ganzen Welt. Weil die Revolutionäre den Kampf um die kommunistische Weltherrschaft vor die Sorge um ihre Kinder gestellt haben, verbringen beide Jungs, wie auch ihre zwölf
Jahre ältere Schwester, drei Jahre in einem russischen Kinderheim. Für die Kinder beginnt eine Zeit voller Entbehrungen, Krankheiten und großer seelischer Not, die Rolf nur knapp überlebt.
Diese ersten Jahre werden für die beiden Brüder, die bis in ihre Studentenzeit unzertrennlich sind, prägend für ihr Leben. Rolf beginnt zu rebellieren, Wolfgang passt sich den Verhältnissen an. Aufgewachsen in der politischen Elite der DDR,
werden die Brüder schließlich zu erbitterten Gegnern. „Offenbar hat man wegen unserer Eltern Nachsicht geübt und versucht, ihn auf den richtigen Weg zurückzuführen. Er hat aber alle gut gemeinten Ratschläge in den Wind geschlagen, ist immer mehr ins feindliche Lager übergelaufen und deshalb ist die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens folgerichtig. Als konsequenter Marxist bin ich dafür, dass Rolf für seine Handlungen büßen muss und nicht in die BRD entlassen
wird. Er könnte uns dort weiteren politischen Schaden zufügen und den guten Namen meiner Eltern in den Schmutz ziehen und im Kampf gegen uns missbrauchen lassen. Das darf man nicht zulassen.“ - erklärt Wolfgang nach Rolfs Verhaftung 1984 der Stasi. Es ist ein trauriger Höhepunkt in der Auseinandersetzung einer Familie, die sich seit Generationen den kommunistischen Idealen verschrieben hat.
Der Film erzählt vom Auseinanderbrechen einer Familie, in der Politisches stets wichtiger ist als Loyalität und Zuneigung. Vor dem Hintergrund des komplexen Verhältnisses zwischen den deutschen Kommunisten und der Sowjetunion geht es
um die Geschichte der Zerrüttung unserer Familie über drei Generationen. Sie hat ihren Höhepunkt im Ost-West-Konflikt und mündet schließlich in einem deutschdeutschen Familiendrama.
Ich, die Erzählerin, bin die Tochter von Rolf.
Buch/ Regie: Catherine Menschner
Kamera: Susann Gluth
Schnitt: Thomas Kleinwächter
Produktionsleiter: Sascha Beier
Producer: Peter Ringleb
Executive Producer: Simone Baumann, Sascha Beier
Redaktion: Jens Stubenrauch, rbb
Eine Co-Produktion der SAXONIA Entertainment GmbH, Menschner Film und des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)
mit Unterstützung des Medienboard Berlin-Brandenburg (MBB)
und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).