Grenzwege
Grenzwege sind die letzten Zeugnisse einer Epoche, in der an freies Reisen noch nicht zu denken war. Heute sind die Grenzen in Europa in fast allen Ländern weggefallen, aber es gibt noch Spuren: Die ehemaligen Grenzwege. Da, wo zwei Länder aneinanderstießen, führten die ehemaligen Grenzwege entlang. Doch wo früher Schmuggler umherstreiften oder Zöllner patrouillierten, suchen heute Stadtmenschen Erholung und die Nähe zur Natur – aus gutem Grund: an den ehemaligen Grenzwegen hat sich eine einmalige Tier- und Pflanzenwelt erhalten. Heute sind diese Wege Garant für Entdeckungen durch fast unberührte Landschaften und historische Gegebenheiten, die man so nicht vermutet.
Grenzwege führen durch Wälder, wie der Oberlausitzer Bergweg zwischen Deutschland und Tschechien, oder erlauben Blicke über sanfte Hügelketten und Weinberge in Höhenlagen wie der Panoramaweg entlang der Grenze Österreichs zu Slowenien oder haben als natürliche Grenzziehung das Wasser, wie der „Sentier des Douaniers“, der Zöllnerweg in Nord-Frankreich. Mal sind es schmale Pfade, mal Arbeitswege, mal führen sie hoch hinaus oder schlängeln sich durch Täler, zumeist aber durch unberührte Natur.
Der Zöllnerpfad
Am berühmten Pilgerberg Mont-Saint-Michel beginnt der historische Zöllnerpfad, heute einer der beliebtesten Wanderwege Frankreichs. Auf seinen 1.700 Kilometern, zwischen dem Mont-Saint-Michel im Norden und Saint-Nazaire im Süden der bretonischen Halbinsel, sind beeindruckende Landschaften mit einer artenreichen Flora und Fauna zu entdecken. Vorbei an schroffen Steilküsten, weiten Dünenlandschaften und endlos scheinenden Stränden werden Wandernde zu Grenzgängern einer schwimmenden, sich im Rhythmus der Gezeiten wandelnden Grenze.
Bereits im 17. Jahrhundert bewachten Zöllner auf dem „Sentier des Douaniers“ die Landesgrenze. Damals bot die zerklüftete Küste den Schmugglern viele Möglichkeiten, ihre Waren heimlich anzulanden. Heute patrouillieren hier vor allem Naturschützer, um die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt zu bewahren. Auf den abwechslungsreichen Etappen entlang fjordähnlicher Buchten, hoher Klippen und majestätisch thronenden Leuchttürmen windet sich der alte Pfad durch ein Paradies für Naturliebhaber.
Smaragdgrün schimmerndes Meer und bizarre Felsformationen aus rosa Granit bilden eine Küstenlandschaft, die weltweit einzigartig ist. Dieser Küstenweg, einst angelegt, um zu bewachen, dient heute dem Bewahren der Natur an dieser lebendigen Grenzlinie zwischen Land und Meer.
Der Oberlausitzer Bergweg
Erloschene Vulkankuppen erklimmen, bizarre Sandsteinformationen und malerische Täler durchwandern: Auf 118 Kilometern entführt der Oberlausitzer Bergweg Wandernde in die einzigartige Kulturlandschaft des Oberlausitzer Berglands und des Zittauer Gebirges. Im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Tschechien blieb die Natur an vielen Orten lange Zeit sich selbst überlassen.
Heute pirschen sich Forscher an seltene Tagfalter heran und Vogelschützer seilen sich mutig an Steilhängen herab, um in den versteckten Gelegen der Uhus und Wanderfalken Jungvögel zu finden und sie zu beringen. Der Weg schlängelt sich durch idyllische Dörfer mit den typischen Umgebindehäusern, die dies- und jenseits der sächsisch-böhmischen Grenze zu entdecken sind.
Ein Abstecher zum nördlichsten Punkt Tschechiens, in den Schluckenauer Zipfel, führt in die Geschichte der Region. Überwucherte Ruinen erinnern hier an die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Bergweg windet sich über die höchsten Gipfel der Oberlausitz wie den Valtenberg, den Bieleboh, den Kottmar und die 793 Meter hohe Lausche. Von Bauden und Türmen aus eröffnen sich atemberaubende Fernsichten in das benachbarte Bergland bis ins Iser- und Riesengebirge.
Der Grenzpanoramaweg
Ziemlich jung dagegen ist die Staatengrenze entlang des Wanderwegs. 1919 wurde sie quer durch die historische Steiermark gezogen und verläuft auch heute noch mitten durch Weingärten, Bauernhöfe und Pfarrgemeinden. Die Kirche von St. Pongratzen mit ihren getrennten Eingängen und ein zur Funkeroase umgenutzter Wachturm zeugen von den wechselvollen Zeiten. Für Gläubige, Bauern und Winzer ist heute aus „hüben und drüben“ oft eins geworden. Die Grenzsteine dienen vor allem zur Orientierung für Wandernde.
Der Grenzpanoramaweg windet sich durch die romantischen Weinberge der „Steirischen Toskana“ und weiter durch die Auenlandschaften von Drau und Mur. Hier kümmern sich Naturschützer um die Renaturierung des Flusslaufs. Das Grenzland ist auch ein gemeinsames Biotop für Biber und bedrohte Blauracken. Eine ehemals streng bewachte Trennlinie wird zum Verbindungsweg. Mit hoffnungsvollen Aussichten!
Buch/ Regie:
Wibke Kämpfer (Oberlausitzer Bergweg)
Marita Neher (Grenzpanoramaweg / Zöllnerpfad )
Recherche:
Catharina Ludwig
Producer:
Hans R. Boecking
Produzent:
Sascha Beier
Redaktion (MDR):
Ralf Fronz
Jochen Vinzelberg
Weltvertrieb:
ALBATROSS WORLD SALES